Mittwoch, 7. Dezember 2022

Omi

Lange habe ich überlegt, ob ich darüber schreiben möchte, ob es in die Glitzerwunderwelt passt, die in der Vorweihnachtszeit herrscht. Schon vor Wochen habe ich den Text geschrieben, aber nicht veröffentlicht. Und dennoch, es könnte passender nicht sein. 

Vor zwei Tagen hatte sie Geburtstag. 

Vorletzten Monat mussten wir Abschied nehmen, Abschied von meiner liebsten Omili.

Auch wenn sie mit 95 Jahren ein langes Leben hatte und gerade die letzten Monate sehr schwierig waren, hinterlässt sie in unserer Familie eine große Lücke.

Die Omi hatte ein bewegtes Leben, war immer für andere da, tief im Glauben verwurzelt und hat sich selten bis nie beschwert.

Als junges Mädchen musste sie aus ihrer Heimat fliehen und sich nach und nach ein neues Leben aufbauen. 

Zu ihren vielen Stationen ihres Lebens gehörte die Arbeit im Lazarett, in Haushalten, auf dem Hof, auf Spargel- und Erdbeerfeldern und Heidelbeerplantagen. Mein Opa baute für die kleine Familie ein Haus auf einem großen Grundstück, sie kümmerte sich um Kinder, Haus und Garten während mein Großvater arbeitete. Beide besaßen nie ein Auto, noch nicht mal einen Führerschein. Und doch war immer alles da.

Viel zu früh musste sie meinen Opa gehen lassen, die jüngste Tochter noch ein Teenager, meine Mutter, als Älteste, gerade mit frischgeborenem Säugling, meiner Schwester. Ein Schicksalsschlag, der vieles durcheinander brachte, Risse und Narben hinterließ. Ich bin sicher, Omi hat meinen Großvater bis zuletzt immer noch sehr vermisst, den Mann, von dem sie schon als junges Mädchen träumte.

Aber auch nach seinem Tod war sie nicht allein, sie zog meine Geschwister und mich mit auf und später auch meinen Cousin. Sie kümmerte sich weiterhin um Haus, Garten und Familie. So wie sie es immer getan hatte. 

Wenn die Zeit es zuließ, nähte, strickte oder stickte sie. Noch als über 80-jährige erlernte sie die Hardanger Technik.

Sie zeigte mir, wie man Hosen umnähte, kleine Löcher flickte, kleinere Stricktechniken oder Knöpfe annähte. Ich glaube die Leidenschaft für das Handarbeiten ist mir durch sie und meine Mutter in die Wiege gelegt worden. Ein Erbe, das ich sehr gern annehme.

Omi war der Mittelpunkt unserer Familie, diejenige, die alle zusammen gehalten hat. Jeder einzelne von uns wird sie vermissen, aber all die schönen Erinnerungen mit ihr hüten wie einen Schatz. Wir werden immer mit einem Lächeln an sie denken, uns Anekdoten erzählen und versuchen so miteinander zu leben, wie es ihr Wunsch war. 

Liebe Omili, Du wirst immer Teil von uns sein, wir danken Dir für all Deine Liebe!



2 Kommentare:

  1. Du hast Recht, dieser Text passt perfekt, er ist voller Liebe und Dankbarkeit.
    Fühl dich mal virtuell umarmt.
    LG von TAC

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Vielen lieben Dank, sowohl für Deine lieben Worte als auch für Deine Umarmung! Liebe Grüße!

      Löschen

Schön, dass Du den Weg zu mir gefunden hast!
Ich freue mich auf Dein Feedback!

Wenn du auf meinem Blog kommentierst, werden die von dir eingegebenen Formulardaten (und unter Umständen auch weitere personenbezogene Daten, wie z. B. deine IP-Adresse) an Google-Server übermittelt. Mehr Infos dazu findest du in meiner Datenschutzerklärung und in der Datenschutzerklärung von Google.